Positionspapiere/Arbeitsgruppen

Klare Vision, klarer Kurs: CDU in Aufbruchstimmung

Von Prof. Dr. Dieter Welsink und Frank Rudolph

Die CDU ist wieder da. Sie hat die verpatzte Bundestagswahl 2021 verarbeitet, Fehler korrigiert und Unklarheiten ausgeräumt. Mit ihrem neuen Grundsatzprogramm “In Freiheit leben - Deutschland sicher in die Zukunft führen” gehen die Christdemokraten zuversichtlich in die anstehenden Wahlkämpfe. „Es herrscht Aufbruchstimmung, die CDU ist entschlossen, wieder ins Kanzleramt einzuziehen“, sagt der Experte für Sozial- und Gesundheitspolitik Frank Rudolph. „Der CDU-Parteitag in Berlin hat für Deutschland einen Kurswechsel eingeläutet, der nach der Bundestagswahl im Herbst 2025 Realität werden muss – gern auch früher, falls der nur noch flackernden Ampel von allein das Licht ausgeht.“ Das gelte für die Wirtschafts- und Finanzpolitik ebenso wie für die Gesundheits- und Sozialpolitik. Mit der Wahl des NRW-Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl-Josef Laumann, zu einem der Stellvertreter des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz sei dafür „eine wichtige personelle Weichenstellung“ erfolgt. 

           

Laumann statt Lauterbach – Vernunft statt Dirigismus in der Gesundheitspolitik  

 

Wenn Menschen, die zutiefst von sich überzeugt sind, auf Widerspruch stoßen, verlieren sie schon mal die Fassung. Zum Vorschein kommt dann oft eine bis dahin wohlweislich unterdrückte Arroganz. Als Professor Dr. Karl Lauterbach kürzlich in einem Podcast von Table.Media darauf angesprochen wurde, dass einige Bundesländer in Karlsruhe gegen sein umstrittenes Krankenhausreformgesetz klagen könnten, hielt er seinen Ärger nicht im Zaum: „Darauf freue ich mich sogar ein bisschen“, erklärte der Sozialdemokrat, dem der Ruf vorauseilt, weitgehend beratungsresistent zu sein. „Es ist immer wichtig, dass man auch zeigt, was man verfassungsrechtlich kann.“ Kann eine Reaktion auf ernsthafte Bedenken von gesundheitspolitisch Verantwortlichen – und zwar längst nicht nur von CDU/CSU, sondern auch aus den eigenen sozialdemokratischen Reihen – eigentlich noch überheblicher ausfallen als diese? 

 

 

 

 

Lauterbach will zentralstaatliche Macht 

       

Seit Monaten wird dem Bundesgesundheitsminister vorgeworfen, den Ländern mit Hilfe des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) ihre verfassungsgemäße Zuständigkeit für die Krankenhausplanung wegnehmen zu wollen. Kritiker sind besorgt, dass es Lauterbach vor allem darum gehen könnte, mehr zentralstaatliche Machtbefugnisse zu erlangen, um Deutschlands Gesundheitspolitik nach dem ideologischen Gusto der Sozialdemokraten gründlich umgestalten zu können. Am Ende stünde dann wohl ein staatliches Gesundheitswesen – zum Schaden von Patientinnen und Patienten, wie man unter anderem in Großbritannien beobachten kann. Dessen staatlicher Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS) ist mittlerweile völlig marode. 

       

Was Lauterbach eigentlich will, erfährt man kaum aus dem Ampel-Koalitionsvertrag. Denn der ist naturgemäß ein Kompromiss. Auskunft gibt hingegen das SPD-Wahlprogramm von 2021: „Wir werden eine Bürgerversicherung einführen.“ Dass die FDP einen solchen Weg zu einer ineffizienten Einheitskasse und einem staatlich dirigierten Gesundheitswesen in der Ampel-Koalition versperrt hat, mag ihr als Verdienst angerechnet werden. Doch es ist klar, dass die Genossen diesen ideologisch motivierten Plan nicht aufgegeben, sondern nur zeitweilig zu den Akten gelegt haben.   

 

Laumann stellt sich quer 

 

Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass Deutschlands Gesundheitswesen reformbedürftig ist. Es ist zu teuer und nicht effektiv genug. Reformen dürfen jedoch nicht von einem Minister oktroyiert werden, wie ehrgeizig und von sich überzeugt er auch sein mag. Um so wichtiger ist es, Lauterbach fachlich, politisch und notfalls auch verfassungsrechtlich in die Schranken zu weisen. Zu den wichtigsten und einflussreichsten Gegenkräften gehört Nordrhein-Westfalens Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales Karl-Josef Laumann. Der CDU-Politiker hat Lauterbach Wortbruch vorgeworfen. Er reagierte damit auf dessen Erklärung, die Krankenhausreform sei – entgegen früheren Zusicherungen – nicht mehr im Bundesrat zustimmungspflichtig. 

 

„Es ist denkbar, dass Minister Lauterbach glaubt, mit der Mehrheit der SPD-geführten Länder im Rücken im Bundesrat ein wenig ambitioniertes Gesetz auch ohne Zustimmung einer breiten Ländermehrheit in Kraft setzen zu können“, warnte Laumann. „Ich kann hier nur an alle Länder appellieren, ihre grundgesetzlich festgeschriebenen Gestaltungsrechte in der Krankenhausplanung nicht zugunsten der Parteiräson zu opfern.“

 

Reform im „Blindflug“

 

Kritik am Gesetzentwurf kam aus allen 16 Bundesländern. Es ist bezeichnend, dass Lauterbach dennoch Forderungen nach einer bundesweiten Analyse zu den erwartbaren – man kann auch sagen: zu befürchtenden – Auswirkungen seiner Reform auf die Krankenhauslandschaft und die medizinische Versorgungsqualität lange abzuwimmeln versuchte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sprach von einer Reform, die im „Blindflug“ durchgezogen werden solle. Die DKG-Experten befürchten, dass die Pläne „zu massiv reduzierten Versorgungsangeboten, deutlich weiteren Wegen für die Patientinnen und Patienten und wahrscheinlich auch zu erheblich längeren Wartezeiten aufgrund der Kapazitätsverknappung führen werden“. 

 

 

CDU schärft ihr gesundheitspolitisches Profil 

       

Dass Lauterbach angesichts eines absehbaren Debakels seiner SPD bei der nächsten Bundestagswahl aufs Tempo drückt, um das wichtigste Projekt seiner Amtszeit durchzuboxen, ist nachvollziehbar. Zumal die stärkste Kraft der Opposition gerade deutlich gemacht hat, dass sie ihr sozial- und gesundheitspolitisches Profil stärker ausprägen will. Die Wahl Karl-Josef Laumanns zu einem der fünf Stellvertreter des CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz auf dem Parteitag der Christdemokraten in Berlin war ein klares Signal: Bei aller Wichtigkeit der Wirtschafts-, Finanz-, Verteidigungs- und Außenpolitik stellt sich die CDU mit ganzer Kraft auch den Herausforderungen für Sozial- und Gesundheitspolitik der kommenden Jahre.  

 

Dass Laumann mit fast 92 Prozent das beste Wahlergebnis aller fünf Stellvertreter einfuhr, zeigt, wie ungemein beliebt er in der CDU ist. Aber auch, wie groß die Erwartungen an ihn auf Bundesebene sind. Für den künftigen sozial- und gesundheitspolitischen Kurs der CDU war seine Wahl jedenfalls eine wichtige personelle Weichenstellung. In der Partei hat sich offenkundig auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass unbewältigte Probleme in der medizinischen Versorgung und der Pflege ebenso wie im Sozialsystem die Entscheidungen von immer mehr Wählern beeinflussen. 

       

Wird ein gelernter Maschinenschlosser Bundesgesundheitsminister? 

 

„Der mag ja studiert haben, aber ich habe schon mit 13 Jahren Kühe verkauft.“ An diesen Satz Laumanns – gefallen im Ringen um Lauterbachs Krankenhausreform - erinnerte kürzlich die westfälische Regionalzeitung „Die Glocke“. Der gelernte Maschinenschlosser Laumann rede unverblümt und volksnah, während andere Politiker oft nur glatt geschliffene, nichtssagende Sätze formulierten. „Sein Auftreten ist verbunden mit Bauernschläue, Durchsetzungskraft und hoher Glaubwürdigkeit.“ 

 

Hinzu kommt, dass Laumann, der seit 2005 Vorsitzender des CDU-Arbeitnehmerflügels (CDA) ist, einen ausgezeichneten Ruf als „das soziale Gewissen der Christdemokraten“ genießt. Nach seiner Wahl zum stellvertretenden CDU-Vorsitzenden drängt sich die Frage auf, ob der bodenständige Münsterländer nach dem Ende der Ampel Deutschlands nächster Bundesgesundheitsminister wird. Klar ist, dass es so gut wie nichts gibt, was gegen ihn spräche. Wohl auch nicht sein Alter, auf das manche Beobachter verweisen: Laumann wird zum Zeitpunkt der nächsten Bundestagswahl zwar 68 Jahre alt sein. Der CDU-Vorsitzende und mögliche Kanzlerkandidat Friedrich Merz aber schon fast 70.

 

Volksnaher Stil – Lachen als Medizin in schwierigen Zeiten

 

Allein schon atmosphärisch wäre ein Laumann an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) wohltuend. Während Lauterbach das Volk in den Zeiten der Pandemie mit bitterernster Mimik vor einer „Killervariante“ des Coronavirus warnte und damit verängstigte, sorgte Laumann launig für Entspannung. Den von Verboten gepiesackten Menschen riet er, bei privaten Feiern sicherheitshalber etwas kürzer zu treten: Gegen Bier sei zwar nichts einzuwenden, aber man könne ja „mit dem Schnaps mal etwas vorsichtiger sein“. Lachen als Medizin in schwierigen Zeiten. „Ein typischer Laumann, gerade heraus und unorthodox“, hieß es einer Analyse von Tagesschau.de. 

 

 

 

Krankenhausreform mit Augenmaß

   

Dass man nicht Prof. Dr. med. sein muss, um Gesundheitspolitik zu machen, hat der gelernte Maschinenschlosser - und im Laufe der Jahre in vielen politischen Funktionen  „abgehärtete“ – Karl-Josef Laumann längst unter Beweis gestellt. In Nordrhein-Westfalen, dem mit mehr als 18 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Bundesland, hat er schon vor Jahren mit Augenmaß und unter Einbeziehung der wichtigsten „Player“ eine Krankenhausreform in Gang gesetzt, die klare Konturen hat und inzwischen auch erste reale Vorteile bringt. Nach anfänglichem Sträuben musste selbst Lauterbach einsehen, dass das NRW-Modell mit einer realistischen Leistungsgruppen-Einteilung für die Kliniken vorbildlich ist. Um so unverständlicher, dass er nun NRW und den anderen Bundesländern eine Mitentscheidung über das Krankenhausreformgesetz im Bundesrat verweigern will. 

 

Laumann kennt die Abläufe im BMG

 

Laumann kommt zugute, dass er die Abläufe im BMG bestens kennt. Von Dezember 2013 bis Juni 2017 war er der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter der Bundesregierung für Pflege im Amt eines Staatssekretärs des BMG. Mit ihm als Bundesgesundheitsminister würde die Klinikreform sicherlich an ihren praktischen Auswirkungen gemessen werden und wo immer nötig korrigiert und damit in vernünftige Bahnen gelenkt werden. Ernste Versorgungslücken – vor allem in ländlichen Regionen -, wie sie die DKG und Ärzte- sowie Patientenvertreter befürchten, ließen sich dadurch wohl weitgehend vermeiden.

 

Diese Zuversicht erwächst aus Laumanns Leistungsnachweis als NRW-Minister. Um so erstaunlicher erscheint es, dass seine ganz konkreten Erfahrungen in der Gesundheitspolitik nur in recht allgemein gehaltenen Passagen Eingang in den neue CDU-Grundsatzprogramm gefunden haben. Immerhin war Laumann als stellvertretender Leiter der Fachkommission Soziale Sicherung an der Formulierung des entsprechenden Kapitels beteiligt. Dass die „Ärzte-Zeitung“ eine „skizzenhafte Kürze“ bei der Darstellung der gesundheitspolitischen Grundsätze und Ziele der Partei bemängelte, ist verständlich. Da wären etwas detailliertere Aussagen durchaus wünschenswert gewesen.

 

Politische Leitlinien des Grundsatzprogramms weisen den Weg

 

Allerdings ist ein Grundsatzprogramm – wie der Name schon sagt – kein Wahlprogramm mit konkreten Versprechen für zunächst nur eine Legislaturperiode. Und schon gar nicht ein exakt ausgearbeiteter Arbeitsplan. Die wichtigsten Leitlinien sind in dem Programm aber auch für die Gesundheitspolitik klar gezeichnet. Das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung soll erhalten und der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen soll gestärkt werden – eine klare Absage an Ideologen-Träume von einer Bürgerversicherung und der Auflösung der privaten Krankenversicherung. 

 

Ganz im Sinne des Mottos „In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“ haben die Autoren des Programmentwurfs die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger betont: Für jeden Einzelnen müsse es sich lohnen, sparsam mit den Ressourcen des Gesundheitswesens umzugehen. Jeder sei gefragt, mehr auf seine eigene Gesundheit zu achten. 

 

 

 

CDU beweist politischen Mut

 

Es zeugt von politischem Mut, wenn unliebsame Wahrheiten ausgesprochen werden. Dazu gehört, dass Deutschland es sich nicht leisten kann, die Sozialabgaben – und ausgaben immer weiter in die Höhe zu schrauben, wenn es auch künftig im internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb bestehen will. Die Gesundheitsausgaben müssen gedämpft werden. Deshalb will die CDU an der solidarischen Beitragsfinanzierung festhalten, aber zugleich  Steuerzuschüsse deckeln. Zum Zusammenspiel von Freiheit und Verantwortung gehört, dass die Eigenvorsorge und das Kostenbewusstsein der Versicherten geschärft werden sollen. 

 

Vernunft und Realismus in der Sozialpolitik

 

Von Vernunft und Realismus ist auch die christdemokratische Maxime zu den Sozialleistungen unserer Gesellschaft geprägt: Wer arbeiten kann, soll arbeiten. Wer auf Hilfe angewiesen ist, soll sie erhalten. Zugleich muss der Grundsatz von „Fördern und Fordern“ gelten. Auch als CDA-Vorsitzender hat Karl-Josef Laumann dazu eine klare Haltung: „Ich glaube, dass auch SPD und Grüne einsehen müssen, dass das jetzige Bürgergeld vom Namen her falsch ist, falsche Anreize setzt“, sagte er Reportern im Vorfeld des Parteitages. „Ein Sozialstaat, der die Leute nicht integriert in Arbeit, ist ein schlechter Sozialstaat.“ 

 

Für Laumann und seine Partei gehören im Sozialstaat Solidarität und Eigenverantwortung untrennbar zusammen. Das kommt auch im neuen Grundsatzprogramm zum Ausdruck. Es ist ein klarer Gegenentwurf zum Gesellschaftsmodell von Rot-Grün – Freiheit, Würde, Vernunft und Selbstbestimmung statt staatlicher Bevormundung, Gängelung und Besserwisserei. 

Grundpositionen der CDU im Gesundheitswesen

Rund 100 unserer Mitglieder haben in fünf Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Themen zusammengefunden und als Ergebnis ist dieses Papier entstanden. Wir sehen es als Grundlage für Positionen, die die CDU im Gesundheitswesen vertreten sollte. 

Positionspapier: Prioritäre Positionen

Daria Celle Küchenmeister
Dr. Wolfgang Klitzsch
Gabriele Regina Overwiening
Helga Schuhmann-Wessolek

Im Rahmen der Vorstandssitzung am 23. September 2020 wurde das Positionspapier "Prioritäre Positionen" einstimmig beschlossen. Es handelt sich bei diesem Papier um ein internes Grundgerüst, welches der zukünftigen Arbeit des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises dienen soll. 

Initiative: Pandemie des Corona-Virus 19 - Erhalt einer leistungsfähigen ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgungsstruktur

Daria Celle Küchenmeister
Dr. Wolfgang Klitzsch 

Der GPA der CDU NRW äußert sich im Rahmen der Initiative "Pandemie des Corona-Virus 19 - Erhalt einer leistungsfähigen ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgungsstruktur" zur aktuellen Situation. Das Papier können Sie über diesen Link aufrufen. 

Die Initiative beschäftigt sich u.a. mit folgenden Themenbereichen:

Positionspapier zum Thema: "Vernetzung der Leistungsbereiche - Kooperationen fördern und Digitalisierung nutzen"

Helga Schuhmann-Wessolek
Stellv. Vorsitzende des GPA der CDU NRW
Leiterin der Arbeitsgruppe „ Vernetzung der Leistungsbereiche - Kooperationen fördern und
Digitalisierung nutzen“ des GPA NRW
Thesenpapier
Vernetzung der Leistungsbereiche - Kooperationen fördern und Digitalisierung nutzen

1. Der Zugang zu leistungsfähiger und finanzierbarer medizinischer Versorgung für alle Menschen in Deutschland ist ein politisches Ziel von höchster Priorität.

2. Angesichts eines aufgrund medizinischen Fortschritts wachsenden Angebotes und einer aufgrund der steigenden Anzahl betagter und hochbetagter Menschen wachsenden Nachfrage von Leistungen des Gesundheitssystems stellt das Erreichen dieses Ziels eine besondere Herausforderung dar.

3. Erfolgsversprechende Strategie zur nachhaltigen Zukunftssicherung einer leistungsfähigen medizinischen Versorgung für alle Menschen ist die Steigerung von Effektivität und Effizienz durch Ausschöpfung synergetischer Effekte aufgrund besserer Vernetzung unterschiedlicher Leistungsbereiche.

4. Zwei besonders wichtige Möglichkeiten zur Vernetzung von Leistungsbereichen sind der Auf- und Ausbau von Kooperationen und die Nutzung von Digitalisierung.

5. Möglichkeiten zum Auf- und Ausbau von Kooperationen bieten sich insbesondere durch Verringerung der in Deutschland historisch gewachsenen Trennung von ambulantem und stationärem Versorgungssektor.

Die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zwischen ambulant tätigen Medizinern und Krankenhausärzten/Pflegekräften kann gestärkt werden durch sektorübergreifende Versorgungsmodelle ( z.B. Integrierte Versorgung, Homecare).

Durch Weiterentwicklung der nicht-ärztlichen Berufsbilder in den Gesundheitsberufen kann die Delegation ärztlicher Leistungen erweitert werden.

Durch eine sektorübergreifende Versorgungsplanung auf Basis von Raumordnung, Epidemiologie und Sozioökonomie können ambulante und stationäre Versorgungskapazitäten und die Angebote der Notfallversorgung besser aufeinander abgestimmt und vernetzt werden.

Für vergleichbare ambulante und stationäre Leistungen können einheitliche Vergütungen als leistungsbezogene Behandlungspauschalen entwickelt werden.

6. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens eröffnet umfangreiche Möglichkeiten zur Optimierung von medizinischer Versorgung und Forschung.

Die digitale Vernetzung von Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäusern, Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen, Kranken- und Pflegeversicherungen und anderen Akteuren des Gesundheitssystems benötigt eine Telematikinfrastruktur mit sicherem Datentransfer und funktionierenden Schnittstellen. Erforderliche Regelungen werden durch ein E-Health-Gesetz getroffen.

Medizinische Informationen müssen schnell und zuverlässig dort verfügbar sein, wo sie im Versorgungssystem benötigt werden. Voraussetzung ist die elektronische Patientenakte, die alle Gesundheitsdaten eines Patienten in strukturierter Form zusammenführt. Eine derartige Patientenakte muß flächendeckend für alle Menschen verfügbar sein.

Die Möglichkeiten der Telemedizin verbessern die Versorgung, insbesondere für Menschen in abgelegenen Gebieten und/oder mit eingeschränkter Mobilität.

Die in Deutschland bisher nur eingeschränkt erlaubte telemedizinische Behandlung muß erweitert und mit passenden Vergütungsmodellen versehen werden.

Vorrangige politische Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Digitalisierung des Gesundheitswesens so zu gestalten, daß alle Menschen vom digitalen Fortschritt profitieren können und dabei der Patient immer „ Herr seiner Daten“ bleibt und informationell selbstbestimmt entscheidet, wem er welche Daten verfügbar macht.

Positionspapier zum Thema: "Finanzierung des Gesundheitssystems"

GPA NETZWERK der CDU-NRW
Gesundheitspolitische Positionen
Finanzierung des Gesundheitssystems

Autor: Dipl.-Betriebswirt Klaus Elfes, Vorsitzender GPA Düsseldorf
Gesundheitspolitische Positionen zur Bundestagswahl 2017

Im Jahr der Bundestagswahl 2017 haben die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke das Thema der Einführung einer sogenannten „Bürgerversicherung“ zum Wahlkampfthema erhoben. Im Kern geht es wieder einmal darum, die angeblichen Nachteile gesetzlich krankenversicherter Personen im Vergleich zu privat krankenversicherten Personen zu thematisieren und zu beseitigen. Hierzu soll die Private Krankenversicherung in Anspruch genommen werden, obwohl diese die im Bereich der GKV vorhandenen Probleme (Leistungseinschränkungen, Leistungsverzögerungen, Zuzahlungen u.a.m.) nicht verursacht hat. Die „Solidarität“ in der Gesundheitsversorgung soll unter anderem dadurch „gestärkt“ werden, dass der Zugang zur Privaten Krankenversicherung erschwert und Neuabschlüsse von Versicherungsverträgen verhindert werden und dass die Vergütung im PKV-System dem der GKV angeglichen werden soll. Hierdurch würde die Private Krankenversicherung „gleichgeschaltet“, das Geschäftsmodell der PKV würde durch die Hintertür abgeschafft.

In der Tat gibt es in der PKV prinzipiell keine Leistungseinschränkungen, und die Vergütung der Leis-tungsanbieter ist deutlich besser als die durch die GKV. Außerdem gibt es im Bereich der PKV keine Budgetierung der Leistungsanbieter. Die PKV verhindert damit keineswegs die Solidarität innerhalb des Gesundheitssystems. Im Gegenteil wird durch die PKV die Solidarität gestärkt:

An Versicherungsleistungen sind an die versicherten Personen im Zusammenhang mit stationären Krankenhausbehandlungen im Jahr 2015 insgesamt rund 7,4 Milliarden Euro erstattet worden, davon 575 Mio. für die bessere Unterkunft, 2,3 Mrd. für Chefarztbehandlung und 56 Mio. an Krankenhaus-tagegeld. Der größte Teil dieser Beträge fließt den Kliniken zu. Die Kliniken gleichen mit diesen Be-trägen Nachteile aus, die sich aufgrund der restriktiven gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen ergeben haben. Sie sichern damit die Qualität für alle Patienten, auch für die gesetzlich krankenversi-cherten. Damit sind die an die Kliniken fließenden Beträge der PKV ein Mittel zu mehr Solidarität im Gesundheitssystem.
Die Versicherungsleistungen der PKV für ambulanten Behandlungen lagen im Jahr 2015 bei insge-samt 11,2 Mrd. Euro, davon entfielen auf die ärztliche Behandlung 6,0 Mrd. Euro. Die Vergütung der behandelnden Ärzte ist deutlich höher als die der GKV, auch hier gibt es keine Restriktionen durch Budgetierungen und Leistungsbegrenzungen. Die PKV leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation niedergelassener Ärzte und zur Sicherstellung einer flä-chendeckenden ambulanten Versorgung für alle Patienten.

Die Solidarität nach der Lesart der „Bürgerversicherung“ wird dazu führen, dass zwar mehr „Gleich-heit für Alle“ entsteht, aber auf einem erheblich niedrigeren Leistungsniveau. Deshalb muss die Bür-gerversicherung verhindert werden.

Finanzierungsgrundlagen
In Deutschland existiert auf dem Gebiet der Krankenversicherung seit mehr als hundert Jahren ein duales Versicherungssystem, in dem gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherungs-unternehmen die Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung gemeinsam sicher-stellen. Gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherungsunternehmen stehen hierbei im Wettbewerb zueinander. Die Wettbewerbssituation wird wesentlich durch die unterschiedlichen Finanzierungsgrundlagen und durch Unterschiede in der Leistungsgewährung der beiden Versiche-rungssysteme bestimmt.

Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen ist durch ein Umlageverfahren geregelt, in dessen Rahmen krankenversicherungspflichtige Personen und deren Arbeitgeber Beiträge einzahlen, die durch die gesetzlichen Krankenkassen zur Finanzierung eines gesetzlich geregelten Leistungskatalo-ges eingesetzt werden. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach der Einkommenssituation der pflicht-versicherten Personen. Ansprüche auf Gewährung von Leistungen haben alle gesetzlich krankenver-sicherten Personen, deren Familienangehörige sowie Rentner.

Private Krankenversicherungsunternehmen kalkulieren ihre Versicherungsprämien risikoadäquat, das heißt nach Alter der versicherten Personen und versicherten Gesundheitsleistungen. Bei der Kalkula-tion sind die lebenslangen Morbiditätsrisiken und die Lebenserwartung der versicherten Personen berücksichtigt. Der medizinische Fortschritt wird durch einen 10 %-Zuschlag auf die Versicherungs-prämie gesondert finanziert. Außerdem werden Altersrückstellungen gebildet. Damit ist sicherge-stellt, dass Beiträge generationengerecht kalkuliert sind. Jeder Geburtsjahrgang finanziert seine ver-sicherten Gesundheitsleistungen selbst und junge Generationen werden nicht zusätzlich belastet.

Die Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung ist aufgrund der einkom-mensabhängigen Beiträge konjunkturanfällig und demografieanfällig. Das Grundprinzip der Umlage-finanzierung lautet, dass die erwerbstätige Generation mit ihren höheren Beiträgen die geringeren Beiträge der älteren Generation subventioniert. Die steigende Alterserwartung der Bevölkerung, eine deutliche Zunahme des Anteils älterer Personen an der Gesamtbevölkerung sowie ein deutlicher Rückgang der Beiträge zahlenden jüngeren Personen wird das umlagefinanzierte System der gesetzli-chen Krankenversicherung an seine Grenzen führen. Diese Entwicklung ist bereits heute unüberseh-bar. Seit einigen Jahren werden der gesetzlichen Krankenversicherung Zuschüsse aus Steuermitteln gewährt um die Beitragssätze stabil zu halten und die Leistungsfähigkeit der GKV zu sichern. Damit wird die Leistungsfähigkeit der GKV in zunehmendem Maße abhängig von der Haushaltssituation des Bundes. Subventionen des Staates sind tendenziell unsicher, da deren Gewährung und deren Höhe von haushaltspolitischen Entscheidungen abhängig sind. Das bedeutet, dass Art, Menge und Qualität gesundheitlicher Leistungen Schwankungen unterliegen, die sich nach der Haushaltslage und nicht an der Entwicklung des Bedarfs orientieren. Die aktuell entstandenen hohen Rücklagen in der GKV kön-nen im Übrigen nicht darüber hinwegtäuschen, dass in absehbarer Zeit erneut Probleme auftreten werden.

Die Demografieabhängigkeit spielt für die Leistungsfähigkeit der privaten Krankenversicherung dage-gen keine Rolle.
Demzufolge ist die Private Krankenversicherung der gesetzlichen im Hinblick auf ihre Finanzierungs-grundlagen und im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ihrer Leistungsfähigkeit überlegen.

Leistungen
Gesetzlich krankenversicherte Personen haben gegenüber ihrer Krankenkasse Anspruch auf medizi-nische Leistungen aufgrund gesetzlich vorgeschriebener Leistungskataloge. Diese werden als Sach-leistungen gewährt.

Privat krankenversicherte Personen haben gegenüber ihrer privaten Krankenversicherung Anspruch auf Leistungen aufgrund der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der PKV und auf Grundlage der geschlossenen Versicherungsverträge. Es besteht Anspruch auf Kostenerstattung. Es gelten keine gesetzlich vorgeschriebenen Leistungskataloge und prinzipiell keine Leistungsbegrenzungen.

Die Leistungskataloge in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen der Einflussnahme des Staates. In den letzten Jahren wurden die Ansprüche der Versicherten aufgrund gesundheitspoliti-scher Entscheidungen zunehmend reduziert. Leistungen wurden gestrichen und teilweise durch Zu-zahlungsregelungen modifiziert. Das gesundheitspolitische Ziel stabiler Beitragssätze in der gesetzli-chen Krankenversicherung wird durch die Zunahme selbst zu finanzierender Leistungen konterka-riert. Die finanzielle Belastung der Versicherten steigt über die Entwicklung der Beitragssätze hinaus. Die gesetzliche Krankenversicherung ist wegen der politischen Einflussnahme auf die Leistungskata-loge nicht in der Lage, ihren versicherten Personen ein Leistungsversprechen für die Zukunft zu ge-ben.

Leistungsreduzierungen und Leistungsausschlüsse gibt es in der privaten Krankenversicherung (Krankheitsvollversicherung) grundsätzlich nur dann, wenn diese vertraglich vereinbart wurden. An-sonsten gilt ein unbegrenztes Leistungsversprechen der privaten Krankenversicherung gegenüber den versicherten Personen. Der Katalog der erstattungsfähigen Leistungen ist in der PKV erheblich weiter gefasst als in der GKV.

Damit ist die private Krankenversicherung auch im Hinblick auf Art und Umfang ihre Möglichkeiten zur Kostenerstattung medizinischer Leistungen der gesetzlichen überlegen.

Wettbewerb zwischen PKV und GKV

Die Wettbewerbssituation zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung ist durch Wett-bewerbsnachteile zu Lasten der privaten Krankenversicherung gekennzeichnet. Die Wettbewerbs-nachteile bestehen darin, dass die PKV anders als die GKV keine Zuschüsse aus Steuermitteln erhält, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung Kinder kostenlos mitversichert sind und dass die PKV-Unternehmen anders als die gesetzlichen Krankenkassen ihre Gewinne versteuern müssen.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, dass die PKV-Unternehmen in einer starken Wettbewerbssituation zueinander stehen, die gesetzlichen Krankenkassen dagegen nicht (unter an-derem wegen eines gesetzlich vorgegebenen einheitlichen Beitragssatzes). Eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen ist anzustreben.

Bedeutung der PKV für das Gesundheitssystem

Die Private Krankenversicherung ist ein bedeutender Faktor innerhalb des deutschen Gesundheits-systems. Ihr Beitrag zur Stabilisierung und Weiterentwicklung des Systems ist erheblich.
Nach den Angaben des PKV-Verbandes lagen die Leistungsausgaben der PKV im Jahr 2015 bei rund 26 Mrd. Euro. Sie liegen nach Angaben des Verbandes mit 11 Mrd. Euro über dem, was die gesetzli-che Krankenversicherung für vergleichbare Leistungen ausgibt. Die im Vergleich zur GKV höheren Leistungsausgaben resultieren aus höheren Leistungspreisen, einem breiteren Leistungskatalog, höheren Leistungsmengen, der Kostenerstattung für die bessere Unterkunft in Ein- und Zweibettzim-mern in Krankenhäusern und aus der Gewährung von Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld.
Für die ambulante ärztliche Behandlung wurden den Versicherten im Jahr 2015 = 6,0 Mrd. Euro er-stattet, für die bessere Unterkunft in Krankenhäusern und für Krankenhaustagegeld 600 Mio. Euro.
Durch ihre im Vergleich zur GKV höheren Leistungsausgaben sichert die PKV die Existenz zahlreicher Arztpraxen, die nur aus GKV-Einnahmen nicht mehr kostendeckend arbeiten können. Sie mildert ebenfalls die aufgrund von gesetzlichen Vorgaben bestehenden finanziellen Probleme der Kranken-häuser aufgrund von Einnahmebegrenzungen ab.
Die PKV leistet demzufolge einen erheblichen Beitrag zur Sicherstellung einer flächendeckenden Ver-sorgung der Bevölkerung im ambulanten und stationären Versorgungsbereich.
Die PKV leistet darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Einführung medizinischer Innovationen. Da für die PKV keine gesetzlich vorgegebenen Budgets und keine gesetzlich vorgegebenen Kosten-dämpfungsmaßnahmen gelten und den versicherten Personen auch die Kosten medizinischer Inno-vationen erstattet werden, wird deren Einführung für alle erheblich erleichtert. Die zwischen GKV und PKV bestehende Wettbewerbssituation führt dazu, dass auch in der GKV medizinische Innovati-onen schneller eingeführt werden. Schließlich sollen die gesetzlich krankenversicherten Personen ebenfalls vom medizinischen Fortschritt profitieren. Würde es die PKV nicht geben, wäre die Einfüh-rung medizinischer Innovationen für gesetzlich krankenversicherte Personen wegen des Einflusses der Politik auf die Leitungskataloge der GKV vermutlich behindert.

PKV in der Kritik

Seit Jahren wird die Rolle der privaten Krankenversicherung im deutschen Gesundheitssystem kritisch hinterfragt. Soweit dies auf der gesundheitspolitischen Ebene geschieht, spielt oft der Gedanke der Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung eine entscheidende Rolle. Die PKV soll in Anspruch genommen werden, um innerhalb der GKV entstehende Probleme abzumildern oder zu lösen. Zu Lasten der PKV werden Tatbestände benannt, zu deren Korrektur politische Entscheidungen für notwendig gehalten werden. Es ist zu hinterfragen, ob die benannten Tatbestände einer kritischen Überprüfung standhalten, und, wenn dies der Fall ist, ob eine Korrektur durch politische Entscheidungen erforderlich ist.

Grundsätzlich darf unterstellt werden, dass die PKV-Unternehmen ein hohes originäres Interesse daran haben, auftretende Probleme und Schwierigkeiten ohne politische Einflussnahme selbst zu beseitigen. Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass es -anders als in der GKV- in der PKV keine Zwangsmit-gliedschaft gibt. PKV-Unternehmen sind darauf angewiesen, dass versicherungswillige Personen freiwillig Versicherungsverträge abschließen und beibehalten. Dies gelingt nur, wenn den PKV-Unternehmen eine hohe Leistungsfähigkeit zugeschrieben wird und wenn diese Leistungsfähig-keit permanent unter Beweis gestellt wird.
Der wesentliche Kritikpunkt lautet:

„ Die PKV erzeugt Zweiklassenmedizin“
Tatsache ist: gerade in Einheitssystemen ist die Tendenz zur sogenannten Zwei-Klassen-Medizin am größten. In Deutschland hingegen stehen die Finanzierungssäulen GKV und PKV für ein weitgehend gemeinsames Versorgungssystem.
Die medizinischen Leistungen in Diagnostik, Therapie und Pflege sind für alle Versicherten (GKV und PKV) gleich, ebenfalls deren Leistungsqualität. Kein Arzt und kein Therapeut kann es sich aus haf-tungsrechtlichen Gesichtspunkten heraus erlauben, hier Unterschiede zuzulassen. Unterschiede gibt es allerdings mitunter bei der Terminvergabe. Bei gedeckelten Praxisbudgets ist dies nicht verwun-derlich. Hierfür ist die private Krankenversicherung nicht verantwortlich zu machen. Unterschiede gibt es auch in Krankenhäusern bei der persönlichen Behandlung durch Wahlärzte und bei der besse-ren Unterkunft in Ein- und Zweibettzimmern. Die persönliche Behandlung durch Wahlärzte bedeutet nicht, dass die medizinische Behandlung der PKV-Patienten besser als die der GKV-Patienten ist. Krankenhausärzte haften für die Behandlungsqualität aller Patienten. Im Übrigen ist nicht bekannt, dass sich Krankenhauspatienten der GKV, die auf den Abschluss von privaten Zusatzversicherungen verzichtet haben, in nennenswerter Zahl über die Existenz von Wahlleistungsmöglichkeiten in Klini-ken beklagt hätten.

Volkswirtschaftliche Bedeutung der Gesundheitswirtschaft

Unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten gilt die Gesundheitswirtschaft als einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland. 4,4 Millionen Beschäftigte (2007/2008) bedeuten, dass jeder zehnte Arbeitsplatz in Deutschland auf die Gesundheitsbranche entfällt. Mit Ausgaben in Höhe von 287,3 Mrd. Euro (2010) erwirtschaftet die Branche 11,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und ist damit bedeutender als die Automobilindustrie mit einem Anteil von 9,7 Prozent am BIP.2 Die Kon-sumausgaben innerhalb der Gesundheitswirtschaft unterliegen einem beständigen Wachstum. Die Branche ist damit ein konjunktur- und wachstumspolitischer Stabilisierungsfaktor; über einen Zeit-raum von sechs Jahren (2005 bis 2012) liegt das jahresdurchschnittliche Wachstum mit 2,7 Prozent um 0,6 Punkte über dem Wachstum der Gesamtwirtschaft.

Auffallend ist, dass die Steigerungsrate der Konsumausgaben im 1. Gesundheitsmarkt (Finanzierung durch GKV, PKV und staatliche Mittel) im Zeitraum von 2005 bis 2012 insgesamt 26 Prozent beträgt, die Steigerungsrate im 2. Gesundheitsmarkt (Finanzierung durch private Mittel) liegt mit 30 Prozent deutlich darüber.
Die Private Krankenversicherung hat einen wesentlichen Anteil an der positiven Entwicklung der Leis-tungsausgaben und leistet einen erheblichen Beitrag zur Erwirtschaftung des BIP. Das kontinuierliche Wachstum der Gesundheitswirtschaft dürfte wesentlich durch die PKV beeinflusst worden sein.

Fazit und Konsequenzen
Das seit mehr als hundert Jahren existierende duale System, in dem die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung gemeinsam durch GKV und PKV finanziert wird, hat sich bewährt. Die Unterschied-lichkeit der Finanzierungssysteme erzeugt einen Wettbewerb zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Dieser Wettbewerb wird von beiden „Systempartnern“ als positives Element zu einer kreativen und effektiven Weiterentwicklung des gesamten Systems genutzt.
Die positive Versorgungssituation im deutschen Gesundheitssystem mit schnellem Zugang aller Bür-gerinnen und Bürger zum medizinischen Fortschritt, zu einem im internationalen Vergleich herausra-genden Leistungsniveau bei äußerst niedrigen Wartezeiten, ist unter anderem auch dem System-wettbewerb zwischen GKV und PKV zu verdanken.

Ohne das Korrektiv eines privatwirtschaftlich organisierten Versicherungszweigs wäre die Tendenz zur Rationierung von Leistungen in der GKV größer. Die Wahlfreiheit von Millionen freiwillig Versi-cherter sichert, dass beide Systeme, GKV und PKV, im Wettbewerb ständig ihre spezifischen Vorteile pflegen und weiterentwickeln müssen. Die Existenz einer privatrechtlich organisierten Krankenversi-cherung, in deren vertraglich garantiertes Leistungsniveau die Politik nicht eingreifen kann, ist immer auch ein Korrektiv gegen Leistungskürzungen in der GKV. Ohne die Konkurrenz der PKV wäre es poli-tisch viel leichter, die Beiträge in der GKV anzuheben und die Leistungen zu reduzieren.
Deswegen plädiert der Gesundheitspolitische Arbeitskreis für den Erhalt der Privaten Krankenversi-cherung und für deren Weiterentwicklung. Den Ideen zu einer Bürgerversicherung oder zu anderen Szenarien eines einheitlichen Krankenversicherungssystems als einzige Einheitsversicherung mit Zwangsmitgliedschaft für alle Bürgerinnen und Bürger wird eine klare Absage erteilt. Für bedenklich wird es gehalten, die Leistungsfähigkeit der privaten Krankenversicherung dadurch einzuschränken, dass die Zugangsmöglichkeiten der Bevölkerung behindert werden, zum Beispiel durch die Anhebung von Pflichtversicherungsgrenzen in der GKV oder durch die Einführung von Wartezeiten.